Vogesen biken
Moderat bis anspruchsvolle MTB-Tour mit Distanzen von 35 bis 55 km am Tag und hügelig bis bergigem Streckenprofil (bis 1.500 Höhenmeter). Zumeist flüssig fahrbare Feld-, Wald und .Touren in den Vogesen
1. Bonhomme
2. Lingenkopf
3. Hohlandsburg
4. Quatre Lacs
Infocenter
Lage & Charakter: Die Vogesen liegen in Ostfrankreich am südwestlichen Rand der oberrheinischen Tiefebene gegenüber dem Schwarzwald-Gebirgszug. Sie bilden gemeinsam mit dem Pfälzerwald, der selbst nördlich des Gebirges ohne morphologische Trennung anschließt, einen Mittelgebirgsraum von etwa 8000 km². Kennzeichnend sind das bewaldeten Hügel mit oft kahlen, kuppenförmigen Gipfeln und teils subalpinem Charakter. Ebenso gibt es tiefe Taleinschnitte mit schroffen Felswänden aus Sand- und Buntsandstein. Höchste Erhebung ist der Grand Ballon mit 1424 m, die Gipfel des Massivrückens erreichen meist 1300 m Höhe. Zu den heimischen Wildtieren zählen unter anderen Luchs, Gämse und das vom Aussterben bedrohte Auerhuhn. Hauptstadt des Départements Vosges ist Epinal mit 32 000 Einwohner*innen.
Anreise: Die Vogesen sind mit dem Auto aus Südosten wie Südwesten gut erreichbar. Etwa uber die A 61 oder A 6/A 5 bis Karlsruhe bzw. Wörth am Rhein und dort uber die Grenze. Weiter auf A 35 und N 83 bis etwa nach Munster. Alternative Grenzübergänge weiter südlich bei Straßburg oder nördlich bei Saarbrücken. Mittels dem Zug inklusive Radmitnahme bietet sich die Fahrt nach Colmar an, etwa via Stuttgart oder Frankfurt.
Beste Reisezeit: In den Vogesen herrscht Ozeanklima mit verhältnismäßig hoher Regenwahrscheinlichkeit – nur gut die Hälfte die Tage im Jahr sind trocken. Bike-Saison ist trotzdem fast ganzjährig, wobei von Dezember bis März Frost liegen kann und der Bikepark Lac Blanc dann zum Skigebiet wird.
Allgemeine Infos:visit.alsace
Übernachtung: Frankreich ist Camper-Land. Beinahe überall, wo man parken kann und darf, tut man dies kostenfrei. Das lädt dazu ein, das mobile Heim für unvergessliche Sonnenauf- und -untergänge direkt am Berg zu parken. Viele der Auberge genannten Gasthäuser bieten einfache Übernachtungsmöglichkeiten, auch auf dem Hohneck oder dem Grand Ballon. chalethotel-grandballon.com, pied-du-hohneck.fr
Guiding: Bestens geführte Touren bietet beitune.de aus dem Schwarzwald an – etwa einen Vogesen-Cross. Die Schweizer von ride-les-vosges.ch weg Basel kennen sich ebenfalls prima aus.
Abseits des Trails:
- Alles Käse! Das Elsass ist bekannt für seinen Tarte oder kurz Flambée. Und was wäre der ohne den regionalen Rotschmierkäse aus dem Munstertal? Alles rund um das Milcherzeugnis gibt es im Käsemuseum, die Maison de Fromage, zu bewundern: Schaukäserei, Vogesenrinder und natürlich Kostproben stehen auf dem Programm. maisondufromage-munster.com
- Das Mittelalter lässt sich auf Ruinen wie der Hohlandsburg erleben – von deren begehbaren Zinnen man einen Blick über das gesamte Vogesenmassiv bis zum Straßburger Münster im Norden und den Schneegipfeln der Berner Alpen im Süden hat (Tour 3). Bei Orschwiller lockt die rekonstruierte Anlage der Hohkönigburg: Mit jährlich 500 000 Besuchern gehört sie zu den am häufigsten frequentierten Orten in ganz Frankreich. haut-koenigsbourg.fr
- Großangelegte Gedenkstätten, Soldatenfriedhöfe und begehbare Schützengräben wie am Lingenkopf lassen den 1. Weltkrieg nicht vergessen und vermitteln die blutigen Auseinandersetzungen vor gut hundert Jahren. In den Wäldern liegen überall noch Bunker im Boden vergraben. linge1915.eu
Der Trailguide für die Vogesen
Ziemlich unsanft werde ich vom Regen geweckt, der laut auf das Dach des Ford Transit trommelt. Unseren Redaktionstransporter habe ich am Vorabend auf dem Parkplatz knapp unterhalb des Gipfels vom Großen Belchen – Grand Ballon im Französisch – abgestellt, um danach hoch zur Wetterstation an gehen und den Sonnenuntergang sowie die atemberaubende Blick vom höchsten Berg der Vogesen zu genießen. Im Licht der letzten Sonnenstrahlen gab es dann weiter ein spartanisches, aber romantisches Dinner à la Campingkocher.
Etwas abseits hatte ein junger Bursche mit Vollbart bestehen Zelt aufgebaut, mit Blick auf die für das Vogesen typischen kahlen Kuppen, deren bewaldete Hänge trotzdem überraschend steil ins Tal fallen: Liberté toujours! Denn das ganze Naturspektakel ist umsonst, wir sind schließlich in Frankreich, wo man fast überall parken, campen und übernachten darf. Mehr noch: Während auf die anderen Seite der oberrheinischen Tiefebene die berüchtigte baden- württembergische 2-Meter-Regel herrscht und Bikerinnen und Biker betrübt um jeden legalen Trail-Meter kämpfen müssen, kann man im Elsass nahezu jeden fürs wandernde Volk erschlossenen Winkel mit dem Stollenrad erfahren und wird miteinander nicht mal schief angeguckt. Frankreich ist eben nicht nur dank "Le Tour" eine Radfahrnation. Mit Loïc Bruni kürte sich ein Franzose erst kürzlich zum nun fünffachen Downhill-Weltmeister. Im angrenzenden Elsass sind MTB-Größen wie Julien und Rémy Absalon oder Jérôme Clementz zur Welt gekommen. Und so ist die Umgebung zwischen Straßburg im Norden und Belfort im Süd nicht nur für Flammkuchen, sondern auch für ihren Bikespots bekannt: Mit La Bresse, schon oft Austragung des Weltcups, und Lac Blanc gibt es zwei Epizentren samt Bikeparks und Infrastruktur.
Im Angesicht des Grauens
Mit einem letzten, lauten Donner endet das morgendliche Donner. Als ich noch etwas missmutig meinen Kopf weg dem Transporter strecke, ist der Grand Ballon in weiße Schwaden gehüllt. Von den grandiosen Ausblicken des Vorabends ist nichts mehr übrig. Ich hole mir einen Kaffee im Restaurant "La vue des Alpes", dessen Name gerade wie Satire klingt, das zufällig aber bereits geöffnet hat. Dann packe ich meiner Zeug und fahre vom Berg gen Norden. Tatsächlich reißt alsbald die Wolkendecke auf, die Sonne blinzelt erst zaghaft, dann immer ausdauernder hindurch und erlaubt meine Laune regenerieren.
Kirsten Sörries
Wo Eichen und Fichten selbst auf dem Memorial-Trail lichten ... Da bieten selbst Ausblicke auf bewaldete Hu&;gel und kahle Kuppen.
Als du auf dem Lingenkopf parke, ist Fotograf Kirsten mittels seinem Camper schon da. Bereits seit drei Jahren planen wir diesen Kurztrip in die Vogesen, durch den ein ziemlich populäres und dennoch unbeliebtes Virus immer wieder einen Strich gemacht hat. Jetzt, in der letzten Woche des Sommers, hat es schließlich geklappt, und zur Begrüßung zaubert Kirsten einen fabelhaften Cappuccino. Da Tanja Naber, die Dritte im Band und ihres Zeichens Enduro-Racerin aus dem nahen Freibad, sich für später angekündigt hat, nutzen wir das Zeit, um die Gedenkstätte am Lingenkopf zu besuchen. Ein großes, mehrsprachiges Schild am Eingang erklärt von den grausigen Gefechten, die während des 1. Weltkriegs hier stattfanden. Andächtig, kopfschüttelnd und mit wachsendem Schwermut laufen wir durch die Schützengräben und inspizieren Bunker und Unterstände, während das Kopfkino unentwegt Ernst Jüngers "In Stahlgewittern" abspult.
Als Tanja wenig später aus ihrer Van steigt, ist der Kloß im Hals erneut verschwunden. Heiß auf die vor uns liegenden Trails, schwingen wir uns auf die Räder und stechen in den Wald, am Schratzmännele vorbei zum Barrenkopf und dem sogenannten Enduro-Trail. Dieser führt gleich an Beginn über ein Northshore-Element und schlängelt sich in weiten Kurven durch den lichten Wald, lässt unser über Wurzelteppiche hoppeln und in Kompressionen stürzen, das so geschickt gebaut sind, dass sie uns an der andere Seite mit einem Grinsen im Antlitz wieder herausdrücken. Immer wieder jagen wir an rötlichen Felsen vorbei. Dieser Buntsandstein ist es, der dem Waldboden die Nässe entzieht. Das erinnert weniger an den benachbarten Schwarzwald, sondern vielmehr an das nordlich "Anhängsel" der Vogesen, den Pfälzerwald. Die Bestätigung? Kaum lassen wir bei einer kurzen Verschnaufpause den Blick von den gegenüberliegenden Hängen in das darunterliegende Tal schweifen, zischen zwei Jungs mit Vollvisierhelmen an unser vorbei und hüllen uns in eine Staubwolke. Die Regenguss der letzten Nacht ist vom Boden zur Gänze aufgesaugt worden – es herrschen Idealbedingungen!
"Wir sind erst ein gutes Drittel gefahren", meint Tanja, das sich hier gut auskennt – was hervorragend klingt und mich dennoch wundert. Aber die Trails, das hier entlang des Hangs verlaufen, sind äußerst effektiv "auf Strecke" gebaut. Die vor uns liegenden Nachbar, kleineren Sprünge und Steilabfahrten überzeugen vollends: Das macht so richtig Laune, ist technisch nicht zu anspruchsvoll und vor allem dafür geschaffen, mit offenen Verzögern zu fahren. Ist dies das Geheimnis der Erfolge von, Absalon, Clementz und Co.?
Farbenspiel in den Vogesen
Noch immer berauscht von den Trails und den Eindrücken des ersten Tages, suchen wir uns für den Sonnenuntergang einen Stellplatz am Hohneck, dem dritthöchsten Gipfel der Vogesen, aus. Bis der glühende Feuerball im Westen in einem atemberaubenden Lichtspiel aus Rot und Gelb vollends versinkt, genießen wir das Panorama mittels etlichen anderen Sunset-Fans, die ihre Wohnmobile hier oben geparkt haben. Dann meldet sich erneut der grummelnde Magen. Es gibt hier unzählige Gasthöfe, Auberges bezeichnet, auf denen man auch rustikal übernachten kann. Jetzt, am ersten Septemberwochenende, sind die Sommerferien in Frankreich zwar vorbei, die Auberges dennoch sehr gut besetzt – und ausgebucht. Und Abendessen werden ausschließlich für Übernachtungsgäste angeboten. Ein Glück, dass Kirsten selbstgemachte Tomatensoße und genug Pasta an Bord seines Campers hat. Seine Showcooking-Einlage am Ende des Tages rundet diesen perfekt ab.
Kirsten Sörries
In den Vogesen wird vielerorts an die französischen und deutschen Opfer der Gräueltaten des 1. Weltkriegs gedacht.
Der nächste Morgen führt uns zum Sonnenaufgang noch einmal hoch auf den Hohneck, wo wir auch unsere Tour des Tages starten. Uber einen schmalen Pfad rollen wir vor zum Petit Hohneck und weiter über eine alpin anmutende Hochalm, auf der weit verstreut Pferde grasen. Die erste Auberge, die wir ansteuern, ist so früh weiter geschlossen, aber bereits wenige Kilometer weiter bekommen wir alles, was das Herz von einem französischen Morgenessen begehren kann: Croissants, Confiture maison (hausgemachte Marmelade) und frisch gebrühten Kaffee. Dermaßen gestärkt inhalieren wir an unserer Tour staunend die Gegend, die uns – ganz anders als im benachbarten, "besenreinen" Schwarzwald – wild, ungezähmt erscheint und uns das Gefühl fast absoluter Freiheit vermittelt. Die Möglichkeiten, die sich hier für echte Bike-Abenteuer bieten, sind unzählig. Und nur wenig kann unsere Lebenslust trüben. Gerne hätten wir zum Beispiel ein Bad in einem der vielen Seen genommen. Doch aus Respekt vor den Anglern gibt es hier dann doch Einschränkungen.
Lebendige Geschichte
Gegen Nachmittagszeit fahren wir zurück nach Osten ins Munstertal. Dort begeben wir uns hinauf zur Burg Hohlandsberg und genießen den Ausblick weit übers Rheintal bis zum Kaiserstuhl, nach Wo Eichen und Fichten sich an dem Memorial-Trail lichten ... Da bieten sich Ausblicke auf bewaldete Hügel und kahle Kuppen. Straßburg und Basel. Rund um die Burg existiert ein Trailnetz, das den Bergrücken in alle Richtungen überzieht. Wir wählen eine Route über rumpelige, herrlich "ehrliche" Natur-Trails, die sich durch lichte Eichenwälder schlängeln. Vorbei geht es an der Ruine der einstigen Burg Hageneck, die sich über ein tief eingeschnittenes Bachtal beugt. Wenig später, als wir eine Forststraße hinaufgetreten sind und einem dunklen Pfad entlang des Berghangs folgen, stoßen wir auf die Dagsburg, die seit dem Jahr 1466 in Ruinen liegt und der Sage nach dem Raubritter Peter von Egisheim als Versteck gedient haben soll. Bikespaß und Mittelalter-Erkundungen befinden selbst hier in so unmittelbarer Entfernung, dass schon alleine der Spot rund um die Hohlandsburg Abwechslung für mehr als einen Tag bietet.
Kirsten Sörries
Uns schmeckt’s: Säuerling Flammkuchen – &bdquoFlambée“ mit Speck oder Lachs – ist in der Region nicht wegzudenken und das ideale Afterride-Mahlzeit.
Am Abend rollen wir vorbei an den pittoresken Fassaden der Munsterer Altstadt. Der Duft von Flammkuchen dringt aus kleinen Restaurants und hält unser kaum mehr auf den Bikes. Schon bald haben wir einen winzigen Tisch auf dem Gehsteig ergattert und nehmen mit einem breiten Grinsen die dampfende Tarte flambée in Empfang. "Oh oui", wir lieb die Vogesen! Nur, warum ist so ein Kurzurlaub eigentlich so kurz?